12.05.2016

tacheles 5/2016: Zugang zum Internet und Telefonanschluss für den Betriebsrat

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich weder dazu verpflichtet, dem Betriebsrat unabhängig von seinem Netzwerk einen Zugang zum Internet zur Verfügung zu stellen, noch muss er für den Betriebsrat einen von seiner Telefonanlage unabhängigen Telefonanschluss einrichten (BAG, Beschluss vom 20. April 2016, Aktenzeichen 7 ABR 50/14).

Der Fall
Die Beteiligten streiten über einen separaten Telefon- und Internetanschluss für den Betriebsrat, hilfsweise über einen uneingeschränkten Internetzugang. Der Arbeitgeber unterhält neben seinem Betrieb in X-Stadt einen kleineren Betrieb in A-Stadt, in dem der antragstellende fünfköpfige Betriebsrat gewählt ist. In den Konzerngesellschaften werden Telefonanlagen eingesetzt, die so eingestellt werden können, dass die Verkehrsdaten mit vollständigen Zielnummern gespeichert und personenbezogen ausgewertet werden können. Das Betriebsratsbüro in A-Stadt ist mit einem Nebenstellenanschluss ausgestattet. Dem Betriebsrat steht auch ein mobiles Telefongerät zur Verfügung, das auf diese Nebenstelle geschaltet ist. Darüber hinaus ist das Betriebsratsbüro mit einem PC und einem Laptop ausgestattet. Der Internetzugang wird konzernweit über einen Proxy-Server vermittelt, von dem aus der Zugang verwaltet und überwacht werden kann. Es ist möglich, User- und zumindest IP-Adressen und alle URLs der Browserzugriffe zu protokollieren und personenbezogen auszuwerten. Die E-Mail-Postspeicher können von Administratoren gelesen werden und aufgrund von Backups sogar bereits gelöschte E-Mails. Über Filter werden unerwünschte Internetadressen gesperrt. Deshalb konnte der Betriebsrat nicht auf die Seiten von „youtube“ und „eRecht24“ zugreifen. Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass ihm wegen dieser Gegebenheiten ein separater Telefon- und Internetzugang zur Verfügung zu stellen sei.

Die Entscheidung
Die Anträge des Betriebsrats auf Einrichtung eines vom Proxy-Server des Arbeitgebers unabhängigen Internetzugangs sowie auf einen von seiner Telefonanlage unabhängigen Telefonanschluss waren erfolglos. Nach § 40 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat in erforderlichem Umfang unter anderem Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen. Der Betriebsrat kann einen Telefonanschluss und – sofern berechtigte Belange des Arbeitgebers nicht entgegenstehen – die Eröffnung eines Internetzugangs und die Einrichtung eigener E-Mail-Adressen verlangen, ohne deren Erforderlichkeit zur Wahrnehmung konkret anstehender betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben darlegen zu müssen. Diese Ansprüche kann der Arbeitgeber dadurch erfüllen, dass er dem Betriebsrat im Rahmen des im Betrieb bestehenden Informations- und Kommunikationssystems einen Telefonanschluss zur Verfügung stellt sowie einen Internetzugang und E-Mail-Verkehr über ein Netzwerk vermittelt, das für alle Arbeitsplätze des Unternehmens einheitlich genutzt wird. Allein wegen der abstrakten Gefahr einer missbräuchlichen Ausnutzung der technischen Kontrollmöglichkeiten durch den Arbeitgeber darf der Betriebsrat jedoch einen separaten Telefonanschluss sowie Internetzugang nicht für erforderlich halten.

Das Fazit
Dem Betriebsrat obliegt im Rahmen des § 40 Abs. 2 BetrVG die Prüfung, ob ihm ein eigener Anschluss als erforderliches Sachmittel zur Verfügung zu stellen ist. Die Entscheidung hierfür darf er nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Er muss vielmehr die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigen. Dabei sind die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen. In dem vorliegenden Fall überschreitet das Verlangen des Betriebsrats seinen Beurteilungsspielraum. Es lässt berechtigte Sicherheitsinteressen des Arbeitgebers außer Acht.

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