25.04.2015

tacheles 4/2015: Ausführen von sinnlosen Tätigkeiten

Arbeitgeber verletzen das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers, wenn sie ihn mit sinnlosen Tätigkeiten beschäftigen (LAG Schleswig-Holstein, 30. September 2014, Aktenzeichen 1 Sa 107/14).

Der Fall
Die schwerbehinderte Klägerin war bei der Bundeswehr als Hilfsarbeiterin in einer Kleiderkammer beschäftigt. Ihre Aufgaben sind im Rahmen der Neuausrichtung der Streitkräfte der Bundeswehr und der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht entfallen. Das Angebot der Beklagten, sie freizustellen, lehnte die Klägerin ab und verlangte eine vertragsgerechte Beschäftigung. Die Beklagte übertrug der Klägerin betriebswirtschaftlich wertlose Tätigkeiten wie Kleiderbügel bündeln, Pappkartons zerreißen oder das Sortieren von Knöpfen, die abends wieder durcheinandergebracht und der Klägerin am nächsten Tag erneut zum Sortieren vorgelegt wurden. Durch die Übertragung dieser weitestgehend sinnlosen Tätigkeiten sah sich die Klägerin in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt und verlangte von der Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes.

Die Entscheidung

Das LAG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes hat. Das Gericht führt in den Urteilsgründen aus, dass die Beklagte durch die Art der Beschäftigung der Klägerin deren Persönlichkeitsrecht verletzt hat. Entscheidend ist insoweit nicht, ob die zugewiesene Tätigkeit betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, sondern, ob durch die Art der zugewiesenen Tätigkeit im Vergleich mit der vertraglich vereinbarten Tätigkeit der soziale Geltungsanspruch des Arbeitnehmers negativ betroffen und der Arbeitnehmer durch die Art der Beschäftigung in seiner Wertschätzung abgewertet wird. Dies ist nicht bei allen der Klägerin zugewiesenen Tätigkeiten der Fall. Hinsichtlich des Sortierens von Knöpfen hat das Gericht jedoch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts bejaht. Allerdings rechtfertigt nicht jede Persönlichkeitsrechtsverletzung die Zahlung einer Entschädigung. Es muss sich vielmehr um eine schwerwiegende Verletzung handeln. Hierzu ist eine Abwägung unter Berücksichtigung von Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelns sowie des Verschuldensgrades vorzunehmen.
Nach Auffassung des LAG Schleswig-Holstein ist die vorliegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere aufgrund des Fehlens einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit nicht so schwerwiegend, dass die Zahlung eines Schmerzensgeldes erforderlich ist.

Das Fazit

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner Menschenwürde und Entfaltung seiner individuellen Persönlichkeit. Der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers ist vom BAG aus dem Recht des Menschen auf Anerkennung und Wertschätzung seiner Persönlichkeit, das seine Grundlage in Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 Grundgesetz (GG) hat, abgeleitet. Wenn ein Arbeitnehmer nicht vertragsgerecht, sondern unterwertig beschäftigt wird, ist dies grundsätzlich geeignet, in sein Persönlichkeitsrecht einzugreifen. Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch ist allerdings, dass eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, was anhand einer umfassenden Abwägung zu beurteilen ist.

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