11.02.2015

tacheles 1-2/2015: Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung

Ein Arbeitsverhältnis mit einem Entleiher kommt bei Scheinwerkverträgen auch zustande, wenn der Verleiher eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis besitzt (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 3. Dezember 2014, Aktenzeichen 4 Sa 41/14).

Der Fall
Der Kläger ist Entwicklungsingenieur. Er wurde bei der beklagten Firma EvoBus GmbH in Mannheim seit Mai 2011 durchgehend in derselben Abteilung auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt. Er war nacheinander bei drei verschiedenen Drittfirmen beschäftigt. Der Einsatz des Klägers bei der Beklagten erfolgte in Erfüllung so genannter Rahmenwerkverträge zwischen den Drittfirmen und der Beklagten. Der Kläger war voll betrieblich eingegliedert und unterstand im Hinblick auf die zu erbringenden Arbeitsleistungen dem Weisungsrecht der Beklagten. Der Kläger machte wegen dieses bloßen Scheinwerkvertragsverhältnisses die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten geltend. Die Beklagte berief sich darauf, dass alle drei Drittunternehmen über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügten. Dass der Einsatz des Klägers bei der Beklagten im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung hätte erfolgen sollen oder können, wurde weder im Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und den Drittunternehmen, noch in den Werkverträgen zwischen den Drittunternehmen und der Beklagten transparent gemacht.

Die Entscheidung
Das LAG Baden-Württemberg hat dem Kläger recht gegeben und entschieden, dass es ein widersprüchliches Verhalten sowohl der Drittfirmen als auch der Beklagten darstellt, sich nunmehr auf ein Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis bei bestehender (Vorrats-)Arbeitnehmer-überlassungserlaubnis zu berufen. Verleiher und Entleiher haben sich während der gesamten Vertragslaufzeiten gerade außerhalb des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) stellen wollen und somit bewusst den durch das AÜG vermittelten Sozialschutz des Klägers zu verhindern versucht. Da sich die Verleiher nicht auf die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis berufen dürfen, ist nach Auffassung des Gerichts der Arbeitsvertrag zwischen den Drittunternehmen und dem Kläger nichtig. Es gilt vielmehr ein Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten als zustande gekommen.

Das Fazit
Das vorliegende Urteil ist gerade in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden, wo der Kläger innerhalb kurzer Zeit zwischen verschiedenen Vertragsarbeitgebern weitergereicht wurde, zu begrüßen. Die Arbeitnehmerüberlassung führt im Fall eines Scheinwerkvertrags in der Regel zur Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags zwischen Scheinwerkunternehmer und Leiharbeitnehmer gemäß § 9 Nr. 1 AÜG, da der Scheinwerkunternehmer normalerweise keine Arbeitnehmer-überlassungserlaubnis besitzt. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG führt dies dazu, dass kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen gilt. Fraglich ist, ob diese Rechtsfolge auch dann greift, wenn der Scheinwerkunternehmer vorsorglich eine Arbeitnehmerüberlassung beantragt hat. Die 4. Kammer des LAG Baden-Württemberg hat darin ein widersprüchliches Verhalten gesehen und zugunsten des Klägers entschieden. Eine andere Kammer des LAG Baden-Württemberg hat kurze Zeit danach in einer vergleichbaren Fallkonstellation unter Berufung auf die BAG-Rechtsprechung entschieden, dass es zu keinem Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Entleiher kommt (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Dezember 2014, Aktenzeichen 3 Sa 33/14). Insofern bleibt die Rechtslage für vergleichbare Fälle weiterhin nicht eindeutig.

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